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GFF und Partnerorganisationen erheben Verfassungsbeschwerde gegen das BND-Gesetz

Berlin, 30. Januar 2018 - Die (GFF) hat beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur sogenannten Ausland-Ausland-Überwachung eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde wird unterstützt vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), dem Journalisten-Netzwerk n-ost, netzwerk recherche (nr) und Reporter ohne Grenzen (RoG).

Unter den Kläger*innen sind zahlreiche namhafte Investigativjournalist*innen, darunter die Gewinnerin des diesjährigen Alternativen Nobelpreises Khadija Ismayilova (Aserbaidschan) sowie die Journalisten Blaž Zgaga (Slowenien) und Richard Norton-Taylor (Großbritannien).

Die Klage richtet sich gegen die weitreichenden Überwachungsbefugnisse des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND durch das Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung vom 23. Dezember 2016 (BNDG-Novelle). Das Gesetz, das seit Januar 2017 in Kraft ist, ermöglicht es, Telekommunikation im Ausland gezielt mitzuschneiden und alle anfallenden Inhalts- und Verkehrsdaten auszuwerten.

Anders als bei rein inländischen Überwachungsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung braucht der BND für eine solche strategische Überwachung keinen konkreten Verdacht und keine richterliche Genehmigung. Die Kommunikation wird anhand bestimmter Suchbegriffe unter Annahme einer allgemeinen Bedrohungslage durchsucht. Die Überwachung kann damit jeden treffen, der Teil der Kommunikation beispielsweise mit Journalist*innen im Ausland ist. Die Rechtsgrundlage dafür war bislang unklar; diese Lücke sollte die BNDG-Novelle schließen.

„Das Gesetz knüpft jedoch an völlig unzureichende Voraussetzungen an“, sagt Dr. Ulf Buermeyer, Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte. „Schon zu extrem vagen Zwecken darf der BND Berufsgeheimnisträger*innen überwachen – etwa um ‘Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung’ zu gewinnen. Damit gibt es de facto keinerlei Einschränkung für eine Bespitzelung durch den deutschen Auslandsgeheimdienst. Das ist rechtsstaatlich inakzeptabel, weil so das Telekommunikationsgeheimnis für den BND praktisch nicht mehr gilt“, so Buermeyer weiter.

Die Kläger*innen und die sie unterstützenden Organisationen verdeutlichen in ihrer Beschwerdeschrift, dass diese permanente Überwachung das Vertrauen der Quellen von Journalisten in die Geheimhaltung ihrer Identität erschüttert und so die Grundlagen des investigativen Journalismus zerstört. Das bedroht die Pressefreiheit weltweit, insbesondere aber in autokratisch regierten Staaten.

Die Verfassungsbeschwerde bemängelt auch die Regelungen zur Kontrolle der Überwachung und die teilweise automatisierte Kooperation des BND mit ausländischen Geheimdiensten. Die Kläger*innen befürchten, dass die Daten aus der vom BND überwachten Kommunikation ohne vernünftige Begrenzungen an andere Geheimdienste weitergegeben werden können.

Damit führt die BNDG-Novelle dazu, dass selbst der BND nicht mehr kontrollieren kann, wohin die Daten aus der Internet-Massenüberwachung letztlich fließen. So können Journalist*innen persönlich in Gefahr geraten, wenn ihre Kommunikation in die falschen Hände gerät“, erläutert Ulf Buermeyer. „Eine solche Beeinträchtigung der Pressefreiheit kann nicht im Interesse eines demokratischen Staates sein. Wir hoffen daher, dass Karlsruhe mit einem wegweisenden Urteil der nahezu schrankenlosen Überwachung durch den BND eine Absage erteilen wird.“

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte koordiniert die Verfassungsbeschwerde.

Die Beschwerde wird von einer umfangreichen Kampagne begleitet, um den bedrohten Journalist*innen größtmögliche Aufmerksamkeit zu geben.

Ausführliche Informationen zu den Kläger*innen, ihren Erfahrungen und die Beschwerde im Wortlaut finden Sie hier.

Pressekontakt:

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Katharina Mikulcak

+49 170 6070287

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