Deutscher Pass darf nicht vom Einkommen abhängen – GFF klagt für gleiches Einbürgerungsrecht
Berlin/Cottbus – 5. August 2025. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt die heute eingereichte Klage eines Ehepaares aus Palästina vor dem Verwaltungsgericht Cottbus, um für alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen einen gleichen Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit zu erstreiten. Die zuständige Behörde in Brandenburg hatte dem älteren Ehepaar die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert, weil es Bürgergeld bezieht. Seit 2024 haben Ausländer*innen immer nur dann einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn sie ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Nach der neuen Regelung im Staatsangehörigkeitsgesetz gibt es davon keine Ausnahme mehr für alte Menschen und Menschen mit Behinderung. Der Mann und die Frau aus Palästina sind aufgrund von Alter und Erkrankungen auf Unterstützung angewiesen. Dass diese Regelung alte Menschen mit Behinderung vom Anspruch auf Einbürgerung ausschließt, verstößt aus Sicht der GFF gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Demokratieprinzip, das Diskriminierungsverbot und den Gleichheitssatz.
„Der deutsche Pass ist keine Bonusprämie für erwirtschaftetes Einkommen. Behörden dürfen alten Menschen mit Behinderung nicht den Weg zur demokratischen Teilhabe versperren, nur weil sie finanzielle Unterstützung bekommen“, kritisiert Soraia Da Costa Batista, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Der Staat kann von ihnen nichts verlangen, was sie unmöglich erfüllen können.“
Der Mann und die Frau aus Palästina hatten nach ihrer Ankunft in Deutschland 2015 Integrationskurse absolviert, Deutsch gelernt, gearbeitet und sich sozial engagiert. Sie gelten in Deutschland als staatenlos, sind im Rentenalter und auf absehbare Zeit auf staatliche Leistungen angewiesen. Beide sind krank und haben die Feststellung einer Behinderung beantragt. Damit sind sie besonders vulnerabel. Auch sie müssen die Möglichkeit haben, an der deutschen Demokratie teilzuhaben.
„Wer dauerhaft in Deutschland lebt, muss wählen und unsere Politik und Gesellschaft aktiv mitgestalten können“, betont Sophia Eckert, Juristin bei der Organisation Handicap International, die die Klage unterstützt. „Das gilt besonders für geflüchtete Menschen mit Behinderungen – ihre Stimmen sind wichtig, ihre Perspektiven bereichern unsere Demokratie. Doch gerade sie bleiben im politischen Diskurs viel zu oft außen vor.“
Seit 2024 gewährt das Staatsangehörigkeitsgesetz keinen Anspruch auf Einbürgerung mehr, wenn Menschen Leistungen zur Existenzsicherung beziehen. Davor gab es eine Ausnahmeregelung für Ausländer*innen, die auf solche Leistungen angewiesen waren, ohne dass sie selbst etwas dafürkonnten. Darunter fielen unter anderem Alleinerziehende, Studierende, Rentner*innen und Menschen mit Behinderung. Eine solche Ausnahme-Regelung ist weiterhin nötig, um nicht systematisch Menschen zu diskriminieren, die ihren Lebensunterhalt unverschuldet nicht oder nicht ganz selbst bestreiten können. Derzeit wird das Staatsangehörigkeitsrecht wieder reformiert: Die zuständigen Ausschüsse des Bundesrats haben bereits empfohlen, die Ausnahmeregelung wieder einzuführen.
Vor Gericht vertritt Rechtsanwalt Dr. Adrian Klein die Kläger*innen. Das Verfahren wird außerdem unterstützt von der Organisation Statefree, die sich für die Rechte von staatenlosen Personen einsetzt.
Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/gleiche-rechte-und-soziale-teilhabe/gleiches-einbuergerungsrecht
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