Nach Spyware-Angriff: Gesellschaft für Freiheitsrechte und Europaabgeordneter Daniel Freund erstatten Strafanzeige gegen Viktor Orbán
Berlin, 15. Oktober 2025. Nach einem digitalen Spähangriff auf den Europaabgeordneten Daniel Freund hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gestern gemeinsam mit Freund Strafanzeige gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und gegen Unbekannt erstattet. Angreifer*innen hatten im Jahr 2024 erfolglos versucht, eine Spionagesoftware auf Freunds Geräten zu installieren. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass der Angriff aus Ungarn gesteuert wurde. Freund hatte im Europaparlament wiederholt Kritik an Viktor Orbán und seiner Politik geäußert. Wäre die Attacke gelungen, hätten die Täter*innen Zugriff auf die gesamte Kommunikation und alle auf den infizierten Geräten gespeicherten Daten gehabt. Ziel der Strafanzeige ist es, dass der Spyware-Angriff aufgeklärt und so weitere Angriffe verhindert werden – denn sie verletzen die Privatsphäre der Betroffenen massiv. Außerdem verstoßen sie gegen das IT-Grundrecht und gegen das Fernmeldegeheimnis.
„Wenn autoritäre Staaten ihre Kritiker*innen in Deutschland einfach so mit Spähsoftware attackieren können, ist das inakzeptabel“, kommentiert Franziska Görlitz, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Spyware-Angriffe aus dem Ausland gefährden die Grundrechte und nicht zuletzt unsere Demokratie. Der Staat muss uns alle wirksam vor Spyware schützen.“
Mit der Anzeige will die GFF erreichen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft den Angriff auf Freund aufklärt. Grundsätzlich muss der deutsche Staat mehr dafür tun, dass ausländische Geheimdienste Gefährdete gar nicht erst attackieren können. Derzeit fehlt ein wirksames Schwachstellenmanagement: Ein solches System sorgt dafür, dass Sicherheitsbehörden besonders gefährliche Software-Lücken melden und nicht selbst für digitale Überwachung nutzen.
Daniel Freund ist einer der schärfsten Kritiker von Viktor Orbán. Er weist regelmäßig auf Korruption im Land und Orbáns rechtsstaatsfeindliche Politik hin. Freund setzte sich auch erfolgreich dafür ein, dass mehr als die Hälfte aller EU-Gelder für Ungarn eingefroren wurden. Orbán hatte Freund dafür in der Vergangenheit explizit verbal angegriffen.
Ungarn wird schon seit längerem stark für seine menschenrechtswidrigen Überwachungsmaßnahmen kritisiert. Die Attacke wurde mit einer Software des Anbieters Candiru durchgeführt, die auch ungarische Behörden nutzen. Bei dieser Software reicht bereits ein Klick auf einen manipulierten Link, damit sich die Spyware installiert: Daniel Freund erhielt eine Mail mit einer fingierten Anfrage, die angeblich von einer ukrainischen Studierenden stammte.
Der Spyware-Angriff auf Freund war kein Einzelfall: Digitale Spähattacken treffen besonders häufig Aktivist*innen und Journalist*innen, die sich gegen autoritäre Regime engagieren. Spyware gefährdet so auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Pressefreiheit und letztlich die Demokratie insgesamt – vor allem, wenn auch Abgeordnete ins Visier geraten.
„Nach Einschätzung der IT-Expert*innen des EU-Parlaments könnte die ungarische Regierung hinter dem Lauschangriff auf mich stecken. Das überrascht nicht: Orbán verachtet Demokratie und Rechtsstaat. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre das ein ungeheuerlicher Angriff auf das Europäische Parlament. In Europa soll niemand Angst haben müssen, überwacht zu werden, weil er sich für demokratische Werte einsetzt. Der Fall zeigt, wie dringend wir einen wirksamen Einsatz gegen Spyware brauchen – zum Schutz aller Bürger*innen“, fordert Daniel Freund.
Ist ein Gerät mit Spyware infiziert, können die Angreifer*innen nicht nur auf alle gespeicherten Daten und die Kommunikation zugreifen. Sie können auch Kamera und Mikrofon aktivieren, um Gespräche live mitzuverfolgen. Das erlaubt es unter anderem ausländischen Geheimdiensten, Menschen in Deutschland aus der Ferne zu überwachen. Die GFF setzt sich mit der SpywareShield-Initiative deshalb in Deutschland und Europa dafür ein, den Einsatz von Spyware zu beschränken, ihre Verbreitung zu verhindern und die digitale Sicherheit zu verbessern.
Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen-zeitalter/spyware-strafanzeige
Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Gesellschaft für Freiheitsrechte:
Dr. Maria Scharlau,
presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55 – 01579/2493108
Büro Daniel Freund:
Marten Hahn,
marten.hahn@europarl.europa.eu
Tel. +32 228 248 38449 – +32 470 54 14 92