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Landgericht Leipzig verhandelt morgen Sony Music gegen Quad9 – Aktuelles Gutachten zeigt: DSA entlastet DNS-Resolver von Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen

Am 8. Februar um 12 Uhr verhandelt das Landgericht Leipzig das Hauptsacheverfahren Sony Music Germany gegen Quad9. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt den unabhängigen DNS-Resolvers Quad9 bei der Abwehr der Klage.

Das Entertainment-Unternehmen versucht mit seiner Klage die gemeinnützige Schweizer Quad9 Stiftung zur Einrichtung von Netzsperren zu verpflichten. Sony Music argumentiert, dass Quad9 als DNS-Resolver nicht nur der Störerhaftung unterliegt, sondern direkt für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich ist, wenn es Nutzer*innen das Abrufen von Webseiten mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt ermöglicht. Demnach könnte Quad9 für Urheberrechtsverletzungen Dritter als Täterin belangt werden, obgleich der datensparsame Dienst keinerlei Kenntnis über die Inhalte der Internetseiten hat, die Nutzer*innen aufrufen.

Ein von der GFF beauftragtes Gutachten von Prof. Dr. Ruth Janal zeigt auf, dass Sony Music seine Forderungen auf eine gefährliche Fehlinterpretation der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) stützt: Tatsächlich entwickelte der EuGH enge Kriterien, nach denen Sharing-Plattformen wie YouTube täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer*innen haften. Sie sind grundsätzlich nicht auf Vermittlungsdienste wie Internetprovider oder DNS-Resolver übertragbar. Dies zeigt auch die jüngste Rechtsprechung des BGH, der ausschließlich in Bezug auf Hosting-Anbieter eine täterschaftliche Haftung prüft. Vermittlungsdienste können allenfalls nachrangig in Anspruch genommen werden, wenn ein Vorgehen gegen tatnähere Beteiligte nicht möglich ist.

Prof. Janal kommt zu dem Schluss, dass Provider wie Quad9 nicht für Inhalte Dritter haftbar gemacht werden können. Dies gelte erst recht ab Februar 2024, wenn der kürzlich in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) anwendbar ist. Dieser entfaltet nach Prof. Janal bereits heute eine Vorwirkung, die deutsche Gerichte bindet. Der DSA trifft eine klare Wertung: Die Hürden für Netzsperren durch DNS-Resolver müssen mindestens genauso hoch sein wie für die Anbieter von Internetzugängen.

Felix Reda, Projektkoordinator für Control Copyright bei der GFF, hofft, dass die morgige Verhandlung vor dem Landgericht Leipzig hier Klarheit schafft: „Neutrale Internetdienste wie Quad9 dürfen nicht zu Netzsperren verpflichtet werden – sonst sieht es schlecht aus für die Informationsfreiheit und für ein freies Internet mit vielfältigen, datensparsamen Netzdienstleistungen.“

Weiter Informationen zu dem Fall finden Sie hier: https://freiheitsrechte.org/themen/demokratie/quad9

Das Gutachten „Zur Bedeutung der EuGH-Entscheidung YouTube und Cyando für Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die keine Host Provider sind“ von Prof. Dr. Ruth Janal finden Sie hier: https://freiheitsrechte.org/themen/demokratie/rechtsgutachten-quad9

Was ist ein DNS-Resolver und warum unterstützt die GFF Quad9 gegen Netzsperren? Antworten dazu finden Sie in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=HdC7Dy7xLzU

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Maria Scharlau, presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55

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