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Women Protest Equal Pay Photo by Firmbee.com on Unsplash
gleiche Rechte und soziale Teilhabe
Art. 3

Equal-Pay-Klage: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Eine preisgekrönte ZDF-Reporterin wird schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Wir haben mit ihr für Entgeltgleichheit gekämpft und Meilensteine gesetzt.

Die GFF unterstützte seit 2017 die Klage einer Reporterin gegen Entgeltdiskriminierung. Die preisgekrönte Journalistin Birte Meier verklagte 2015 das ZDF, nachdem sie herausfand, dass sie schlechter bezahlt wird als ihre männlichen Kollegen – und zwar auch bei vergleichbarem Status als fest-freie Beschäftigte, vergleichbarer Art der Arbeit und Qualifikation sowie teils sogar längerer Erfahrung. Die Materialien und Auskünfte, die der Klägerin zur Verfügung stehen, zeigen ein eindeutiges Bild der Entgeltdiskriminierung. Das ZDF gab im Prozess widersprüchliche Begründungen für die unterschiedliche Bezahlung und setzte Birte Meier unter Druck. Nach Klagen vor dem Arbeitsgericht Berlin und dem Bundesarbeitsgericht sendet das Bundesverfassungsgericht ein starkes Signal: Eine erneute Zahlungsklage könnte endlich Erfolg haben. Um den jahrelangen Rechtsstreit zu beenden, schloss Birte Meier im Jahr 2023 einen Vergleich mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber ZDF.
Sarah Lincoln

Sarah Lincoln

Juristin und Verfahrenskoordinatorin

„Gut, dass Birte Meier dieses Kapitel endlich abschließen kann. Es bleibt jedoch ein Skandal, dass sie so viele Jahre kämpfen musste, um endlich Geld zu sehen. Mit ihrer Hartnäckigkeit konnte sie viel für Frauen in Deutschland erreichen. Ihr Grundsatzurteil von 2020 hat mit dem von Susanne Dumas in diesem Jahr erstrittenen Urteil Meilensteine gesetzt: Künftig werden Frauen es wesentlich leichter haben, gleiche Bezahlung einzufordern.

Frauen haben das Recht, für die gleiche Tätigkeit genauso viel Geld wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten. Hierbei handelt es sich um ein Grund- und Menschenrecht, das nicht nur im Völker- und Europarecht umfassend verbrieft ist (insbesondere in Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV), sondern sich auch aus Artikel 3 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes ableitet und durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) garantiert ist. Mit einer Vergütungspraxis, die Frauen benachteiligt, verstößt das ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts gegen das Verbot der Entgeltdiskriminierung.

Dennoch wurde die Klage im Dezember 2016 vom Arbeitsgericht Berlin in der ersten Instanz abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Berufung der Klägerin Birte Meier zurückgewiesen und die Revision in den Kernfragen nicht zugelassen. Dagegen hat die Klägerin nach erfolgloser Nichtzulassungsbeschwerde Verfassungsbeschwerde erhoben. Denn die Gerichte haben mit diesen Entscheidungen zwingend anzuwendende europarechtliche Vorgaben missachtet.

Bevor das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergehen konnte, erzielte die Klägerin einen Riesenerfolg vor dem Bundesarbeitsgericht: Ihre Revision gegen den Ausschluss von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten von den Auskunftsansprüchen nach dem Entgelttransparenzgesetz war erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Entscheidung vom 25. Juni 2020 klargestellt, dass auch fest-freie Redakteur*innen einen Anspruch auf Auskünfte nach dem Entgelttransparenzgesetz haben. Der Begriff der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sei unionsrechtskonform weit auszulegen. Es komme nur darauf an, dass „eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält“. Das Rechtsverhältnis sei „ohne Bedeutung“ (BAG, Urteil vom 25. Juni 2020, 8 AZR 145/19, Rn. 72).

Am 19. Juli 2022 verkündete schließlich auch das Bundesverfassungsgericht sein Urteil: Die 2019 erhobene Verfassungsbeschwerde der ZDF-Redakteurin wegen Entgeltdiskriminierung wurde aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen. Damit erging eine inhaltliche Entscheidung, ob die Klägerin Birte Meier aufgrund ihres Geschlechts schlechter bezahlt wurde, leider nicht. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht jedoch ein starkes Signal gesendet, indem es in seinem Urteil betonte, dass eine erneute Zahlungsklage auf Basis der von ihr zwischenzeitlich am Bundesarbeitsgericht erstrittenen Auskunft über die männlichen Vergleichsgehälter Erfolg haben könnte. Die erneute Klage am Arbeitsgericht Berlin endete im Jahr 2023 mit einem Vergleich zwischen der Journalistin Birte Meier und ihrem ehemaligen Arbeitgeber ZDF.

Systematische Benachteiligung von Frauen

Der Fall der ehemaligen ZDF-Reporterin ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen für die gleiche Tätigkeit bei gleichem Umfang und gleicher Qualifikation durchschnittlich 7 % weniger als ihre männlichen Kollegen. In diesem Ergebnis sind Teilzeitarbeit, die Überrepräsentation von Frauen in niedriger bezahlten Branchen und ähnliche Faktoren bereits herausgerechnet – insgesamt verdienen Frauen in Deutschland sogar durchschnittlich 18 % weniger als Männer.

Viele Frauen können oder wollen nicht klagen, da sie keine Auskunft über die Gehälter ihrer männlichen Kollegen erhalten oder Repressionen von Seiten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin oder von den Kollegen befürchten müssen. Dies erlebte auch die Klägerin Birte Meier.

Sie wurde zum 1. Juli 2020 auf Wunsch des ZDF nach 13 Jahren aus der Berliner Frontal21-Redaktion in eine Mainzer Abteilung versetzt. Ihre Position bei Frontal21 wurde mit einem männlichen Redakteur besetzt. Seit September 2022 arbeitet Birte Meier als Chefreporterin Investigativ bei RTL News.

Schon nach Einreichen der Klage wurde sie von verschiedenen Stellen im Haus unter Druck gesetzt. Unter anderem wies das ZDF sie darauf hin, dass langjährige Arbeitsrechtstreitigkeiten häufig zu wechselseitigen Belastungen des Beschäftigungsverhältnisses führen können. Wenig später sprach die Redaktionsleiterin von „Krieg“ in der Redaktion, sollten die Tätigkeitsvergleiche aus den Schriftsätzen öffentlich werden. Der Anwalt des ZDF legte der Klägerin in der ersten Verhandlung 2016 nahe, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Maßregelungen dieser Art verbietet das AGG.

Gerichte ignorieren Umkehr der Beweislast

Die Klage verfolgte zwei rechtliche Ziele: Zunächst wollte die Klägerin Auskunft über die Vergütungen ihrer männlichen Kollegen erhalten, anschließend wollte sie auf Grundlage dieser Zahlen das ihr zustehende Honorar für die Vergangenheit einfordern (sogenannte Stufenklage).

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab, hat dabei aber schon die tatsächlichen Gegebenheiten des Falles im großen Maße verkannt oder missachtet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg wies die Berufung mit Urteil vom 5. Februar 2019 zurück. Zwar nahm es zu Gunsten der Klägerin an, dass ihre männlichen Kollegen eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ausübten und dass sie sich auch mit Kollegen aus anderen Tarifverträgen vergleichen könne. Darüber hinaus hätte die Klägerin nach Ansicht des Gerichts aber auch nachweisen müssen, dass die Entgeltunterschiede auf ihrem Geschlecht beruhen.

Das ZDF brachte vor Gericht mehrfach neue, zum Teil widersprüchliche Erklärungen für die schlechtere Bezahlung der Klägerin vor: Mal sollten Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit oder ein Studienabschluss in Journalismus die höheren Vergütungen rechtfertigen, mal hieß es, die Honorare wären weitgehend frei verhandelbar gewesen. Ein solches Nachschieben von Gründen bestärkt den Verdacht, dass man sich beim ZDF selbst nicht klar ist, nach welchen Kriterien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vergütet werden, und damit ein Einfallstor für Diskriminierungen schaffte.

Vor allem aber hat das LAG die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Entgeltgleichheit verkannt. Danach kehrt sich die Beweislast bereits um, wenn mindestens ein Mann bei vergleichbarer Tätigkeit mehr verdient – es ist dann am Arbeitgeber, sich vom Verdacht der Diskriminierung zu entlasten. Der EuGH trägt damit der Tatsache Rechnung, dass es für die betroffene Arbeitnehmerin kaum jemals möglich sein wird, ihrem Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Lohnunterschiede am Geschlecht liegen. Diese Argumentation der Klägerin hat inzwischen auch das Bundesarbeitsgericht in einem ähnlichen Fall bestätigt.

Grundsatzurteil zur Entgelttransparenz

Zusätzlich hatte die Klägerin vor dem LAG Berlin-Brandenburg auch vom ZDF Auskunft über den Median der Gehälter der vergleichbaren Kollegen verlangt. Dieser Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz konnte erstmals 2018 geltend gemacht werden. Die Auskunft wurde ihr jedoch vom ZDF und vom LAG Berlin-Brandenburg verweigert, da sie als fest-freie Mitarbeiter*in vom Entgelttransparenzgesetz nicht erfasst sei. Die Klägerin ging dagegen in Revision.

Das Bundesarbeitsgericht stellte im Juni 2020 in einem Grundsatzurteil klar, dass auch arbeitnehmerähnlich Beschäftigte Auskünfte über männliche Vergleichsgehälter nach dem Entgelttransparenzgesetz verlangen können. Und nebenbei kritisiert das Bundesarbeitsgericht die jahrelangen Versäumnisse der Bundesregierung bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben zur Entgeltgleichheit.

Das ZDF bestätigte der Klägerin daraufhin schließlich ihre Recherchen: Ihr Gehalt lag 2017 tatsächlich um über 800 Euro unter dem Median ihrer Kollegen, die die gleiche Arbeit machten wie sie.

Entgeltgleichheit auch vor Gericht verwirklichen

Die GFF setzt sich für die Grund- und Menschenrechte ein, ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Diskriminierungsschutz. Die Lohngerechtigkeit ist ein wichtiges Feld, in dem Gleichheit nach wie vor nicht ausreichend umgesetzt ist. Damit das Recht auf Lohngleichheit nicht nur auf dem Papier steht, unterstützte die GFF dieses und das Verfahren von Susanne Dumas.


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