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Bundesverfassungsgericht stellt Automatisierte Datenauswertung auf den Prüfstand – kritisches Nachfragen macht Hoffnung auf Erfolg für GFF

Berlin/ Karlsruhe, 20. Dezember 2022 – Das Bundesverfassungsgericht verhandelt heute zwei Verfassungsbeschwerden der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) mündlich und nimmt dabei die Befugnis zu Data Mining der Polizei in Hessen und Hamburg in den Fokus. Diese Datenanalyse ermöglicht es der Polizei mithilfe einer Spezial-Software auf Knopfdruck komplexe Persönlichkeitsprofile zu erstellen. In Hessen kommt dafür das Programm Gotham des US-amerikanischen Unternehmens Palantir zum Einsatz. Damit wird massiv in das Grundrecht eingegriffen, über die eigenen Daten zu bestimmen. Ziel des Software-Einsatzes ist die Verhinderung von Straftaten. Die GFF will mit den Verfassungsbeschwerden erreichen, dass für den Einsatz komplexer Auswertungssoftware durch die Polizei strenge Maßstäbe aufgestellt werden.

"Die vielen detaillierten Nachfragen des Gerichts zeigen, dass auch die Richterinnen und Richter die vagen Normen zur automatisierten Datenauswertung kritisch sehen. Insbesondere stand die Frage im Raum, ob die Einhaltung der rechtlichen Grenzen überhaupt technisch umsetzbar ist,“ betont Sarah Lincoln, Verfahrensbevollmächtigte der GFF. „Auch bei der Zweckbindung bohrte das Gericht nach: einmal erhobene Daten dürfen nicht ohne weiteres für einen anderen Zweck weiterverwendet werden. Derzeit wird die Herkunft der Daten aber gar nicht gekennzeichnet – wie soll dann die Einhaltung der Zweckbindung funktionieren?“

Außerdem zeigten die Fragen des Gerichts und die Antworten der Landesregierungen das riesige Potential der angegriffenen Rechtsgrundlagen. Die Rede war von einer „technik-offenen“ Formulierung. Selbst wenn die Hessische Polizei nach eigener Aussage heute noch keine Künstliche Intelligenz einsetzt, dürfte sie das in der Zukunft tun – ohne die dafür nötigen strengen Grenzen. Auch dass der Zugriff auf riesige Datenmengen kaum eingrenzbar ist, wurde vom Gericht mehrfach thematisiert.

Mit den Verfassungsbeschwerden kritisiert die GFF unter anderem, dass die Rechtsgrundlagen in Hessen und Hamburg völlig unklar lassen, aus welchen Quellen, mit welcher Datenmenge und zu welchem Zweck die Polizei die Befugnis zum Data Mining nutzen darf. Der Eingriff wiegt schwer: Wer einmal in den Fokus einer Datenauswertung gerät, wird schnell zum gläsernen Menschen.

Weitere Informationen zu unserer Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hamburg finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/verfassungsbeschwerde-polizei-verfassungsschutzgesetz-hh

Weitere Informationen zu unserer Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hessen finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/polizeigesetz-hessen

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Dr. Maria Scharlau, Tel. 01579/2493108
presse@freiheitsrechte.org

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