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BND Überwachung von Free-Photos, lizensiert unter Pixabay License
Freiheit im digitalen Zeitalter
Art. 10, 5

BND-Gesetz
zur Ausland-Ausland-Überwachung

Nach unserer Beschwerde erklärte das Bundesverfassungsgericht die Massenüberwachung des BND am 19.5.2020 für verfassungswidrig.

Ulf Buermeyer

Ulf Buermeyer

Vorstandsmitglied

"Schon zu extrem vagen Zwecken darf der BND Berufsgeheimnisträger*innen überwachen – etwa um ‘Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung’ zu gewinnen. Damit gibt es de facto keinerlei Einschränkung für eine Bespitzelung durch den deutschen Auslandsgeheimdienst. Das ist rechtsstaatlich inakzeptabel, weil so das Telekommunikationsgeheimnis für den BND praktisch nicht mehr gilt."

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte reichte Ende 2017 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur sogenannten Ausland-Ausland-Überwachung ein. Die Verfassungsbeschwerde unterstützten der Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), dem Journalisten-Netzwerk n-ost, netzwerk recherche (nr) und Reporter ohne Grenzen (ROG).

Am 19. Mai 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht die weltweite Massenüberwachung des BND in seiner derzeitigen Form für verfassungswidrig und stellte klar, dass deutsche Behörden auch dann an das Grundgesetz gebunden sind, wenn sie im Ausland tätig werden. Daraus leitete es eine Reihe an Vorkehrungen ab, die der Gesetzgeber für die künftige Auslandsaufklärung des BND treffen muss. U.a. musste er bis Ende 2021 eine gerichtsähnliche Kontrolle der strategischen Überwachung gewährleisten. Das Bundesverfassungsgericht hatte über die Beschwerde am 14. und 15. Januar 2020 verhandelt.

Unter den Kläger*innen waren zahlreiche namhafte Investigativjournalist*innen, darunter die Gewinnerin des diesjährigen Alternativen Nobelpreises Khadija Ismayilova (Aserbaidschan) sowie die Journalisten Blaž Zgaga (Slowenien) und Richard Norton-Taylor (Großbritannien).

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Rechtliches Problem: ‚Strategische’ Überwachung ohne konkreten Verdacht

Die Klage richtete sich gegen die weitreichenden Überwachungsbefugnisse des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND durch das Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung vom 23. Dezember 2016 (BNDG-Novelle). Das Gesetz ermöglichte es, Telekommunikation im Ausland gezielt mitzuschneiden und alle anfallenden Inhalts- und Verkehrsdaten auszuwerten. Anders als bei rein inländischen Überwachungsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung brauchte der BND für eine solche strategische Überwachung keinen konkreten Verdacht und keine richterliche Genehmigung. Die Kommunikation wurde anhand bestimmter Suchbegriffe unter Annahme einer allgemeinen Bedrohungslage durchsucht. Die Überwachung konnte damit jeden treffen, der beispielsweise mit Journalist*innen im Ausland kommunizierte.

Der BND ist seit jeher die einzige deutsche Behörde, die die Telekommunikation „strategisch“ – also ohne konkreten Anlass oder Verdacht – überwachen darf. Die Rechtsgrundlage dafür war jedoch lange unklar; diese Lücke sollte die BNDG-Novelle schließen. Das Gesetz knüpfte nach Überzeugung der Kläger*innen die Überwachung aber an völlig unzureichende Voraussetzungen. So konnte eine Überwachung bereits zu dem vagen Zweck angeordnet werden, „Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ zu gewinnen. Diese Voraussetzung lag praktisch immer vor und begrenzte die Schnüffelei des BND daher nicht wirksam.

Massive Gefährdung der Pressefreiheit

Die Kläger*innen und die sie unterstützenden Organisationen verdeutlichten in ihrer Beschwerdeschrift, dass diese permanente Überwachung das Vertrauen der Quellen von Journalisten in die Geheimhaltung ihrer Identität erschütterte und so die Grundlagen des investigativen Journalismus zerstörte. Das bedrohte die Pressefreiheit weltweit, insbesondere aber in autokratisch regierten Staaten.

Die Verfassungsbeschwerde kritisierte auch die Regelungen zur Kontrolle der Überwachung und die teilweise automatisierte Kooperation des BND mit ausländischen Geheimdiensten. Die Kläger*innen befürchteten, dass die Daten aus der vom BND überwachten Kommunikation ohne wirksame Begrenzungen an andere Geheimdienste weitergegeben werden können. Damit ermöglichte die BNDG-Novelle einen Verlust der Kontrolle des BND über die Daten, wodurch Journalist*innen auch persönlich in Gefahr geraten konnten, wenn ihre Kommunikationsdaten in die falschen Hände geraten.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte koordinierte die Verfassungsbeschwerde.

Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts

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