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Projekt Zivilcourage
Courage von Alexas_Fotos, lizensiert unter Pixabay License
Demokratie und Grundrechte
Art. 1

Projekt Zivilcourage:
Wir schützen Whistle­blower*innen

Wir schützen Whistleblower*innen. Wer Unrecht ans Licht bringt, darf deswegen nicht verfolgt werden. Wir setzen uns für die Rechte von Whistleblower*innen ein.

Wir schützen Zivilcourage! Wer Unrecht ans Licht bringt, darf
deswegen nicht verfolgt werden. Deshalb kämpfen wir für einen besseren Schutz von Whistleblower*innen vor staatlichen und privaten Repressionen, indem uns für ein umfassendes Whistleblower*innen-Schutzgesetz einsetzen und die Rechte von Whistleblower*innen vor Gericht verteidigen. Außerdem gehen wir mit gutem Beispiel voran und haben eine Whistleblowing Policy für zivilgesellschaftliche Organisationen erarbeitet.

David Werdermann

Rechtsanwalt und Projektkoordinator

"Der rechtliche Schutz und die institutionellen Voraussetzungen für Whistleblowing müssen umfassend verbessert werden. Zivilcourage darf nicht bestraft werden."

Als Edward Snowden im Jahr 2013 die rechtswidrige, globale Überwachung internationaler Geheimdienste aufweckte, wurde einmal mehr deutlich: Eine lebendige Demokratie braucht mutige Menschen, die Rechtsverstöße sichtbar machen. Dennoch schützt das deutsche Recht Whistleblower*innen bis heute nicht ausreichend.

Im deutschen Recht fehlt ein sachbereichsübergreifendes, einheitliches Whistleblower*innen-Schutzgesetz. Stattdessen besteht das deutsche „Whistleblowing-Recht“ aus fragmentierten, unklaren Normen und Urteilen, die auch für Jurist*innen völlig unübersichtlich sind.

Hinter diesen löchrigem Schutzregime steht noch immer die irrige Vorstellung: Menschen, die auf einen Rechtsbruch hinweisen, seien Denunziant*innen und Nestbeschmutzer*innen.

Deshalb sind Personen, die den Mut fassen, Unrecht ans Licht zu bringen, mit einer überwältigenden Rechtsunsicherheit konfrontiert. Wenn sie ihren Arbeitgeber, die Staatsanwaltschaft oder gar die Öffentlichkeit auf rechtswidriges Verhalten hinweisen, drohen Sanktionen – von Mobbing über Kündigung bis hin zur Strafverfolgung wegen eines „Geheimnisverrats“.

Das wollen wir ändern. Wir kämpfen für einen umfassenden, gesetzlichen Schutz von Whistleblower*innen – und damit für eine Kultur, die Zivilcourage anerkennt und fördert.

EU-Whistleblowing-Richtlinie: Historische Chance für umfassenden Whistleblower*innen-Schutz nutzen

2019 hat die Europäische Union die Whistleblowing-Richtlinie (2019/1937) verabschiedet.

Die Whistleblowing-Richtlinie regelt innerhalb ihres Anwendungsbereichs erstmals eindeutig, an welche Stellen sich Whistleblower*innen wenden können, wenn sie Verstöße gegen EU-Recht melden wollen. Sie stellt sicher, dass diesen Meldungen in geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren nachgegangen wird, und gibt Whistleblower*innen umfassende Rechtsschutzinstrumente an die Hand, die ihren Namen verdienen. Die EU-Richtlinie bringt Whistleblower*innen innerhalb ihres Anwendungsbereichs damit erstmals die Rechtssicherheit, die sie brauchen.

Die Richtlinie musste eigentlich von den Mitgliedstaaten bis Ende 2021 umgesetzt. Aber das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz lässt auf sich warten.

GFF im Bundestag: Kritik an Entwurf für Hinweisgeberschutzgesetz

Die Bundesregierung hat zwar inzwischen einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Er setzt die Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie weitgehend um und geht zum Teil auch darüber hinaus. Zu begrüßen ist insbesondere, dass der Anwendungsbereich auf bestimmte Verstöße gegen nationales Recht ausgeweitet wird. Es wäre schlicht nicht vertretbar und mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, wenn etwa kleinste Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung gemeldet werden könnten, aber Hinweise auf schwere Straftaten keinen Schutz erfahren.

Der vorgelegte Gesetzentwurf weist dennoch weiterhin erhebliche Lücken und Schwachstellen auf. Entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag werden Meldungen nicht geschützt, wenn sie sich auf Fehlverhalten bezieht, das nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt. Dabei kann es auch bei solchem Fehlverhalten ein erhebliches öffentliches Interesse am Bekanntwerden geben. Das zeigen etwa Missstände in der Pflege oder rechtsextreme Chats von Polizeibeamten, die oft keinen Straftatbestand erfüllen, aber trotzdem skandalös und schädlich für das Gemeinwohl sind.

Geheimdienste sind nach dem Gesetzentwurf weiterhin vollständig ausgenommen. Edward Snowden, der weltweite Massenüberwachung ans Licht gebracht hat, wäre in Deutschland nach dem Gesetzentwurf nicht geschützt. Zudem sind Verschlusssachen weitgehend vom Anwendungsbereich ausgenommen, ohne dass es eine wirksame Kontrolle der Einstufungspraxis gibt. Hier wird angeblichen Sicherheitsinteressen einseitig der Vorrang gegenüber der Presse- und Meinungsfreiheit eingeräumt.

Hinsichtlich anonymer Meldungen beschränkt sich der Gesetzentwurf auf einen Appell, dass diese bearbeitet werden „sollten“. Eine Pflicht zur Einrichtung anonymer Meldekanäle besteht nicht. Das geht an der Realität vorbei. Aus Angst vor Repression wenden sich viele Menschen legitimerweise nur anonym an Meldestellen. Die Ermöglichung und Bearbeitung anonymer Meldungen muss daher verpflichtend vorgeschrieben werden, zumal es dafür mittlerweile zahlreiche IT-Lösungen gibt.

Diese und andere Kritikpunkte hat Rechtsanwalt David Werdermann, Projektkoordinator der GFF, in einer schriftlichen Stellungnahme und in der Sachverständigenanhörung im Bundestag vorgetragen. Wir werden das Gesetzgebungsverfahren weiter kritisch begleiten.

Practice what you preach: Eine Whistleblowing Policy für die Zivilgesellschaft

Um mit gutem Beispiel voranzugehen, haben wir gemeinsam mit anderen NGOs eine Whistleblowing Policy für zivilgesellschaftliche Organisationen erarbeitet. Mit der Policy verpflichten sich die beteiligten Organisationen zu umfassenden internen Maßnahmen zum Schutz von Whistleblower*innen. Dazu richten wir eine gemeinsame interne Meldestelle ein und schützen Whistleblower*innen umfassend vor Repressalien. Die Selbstverpflichtung gilt für alle Organisationen ab dem 1. Januar 2023. Neben der GFF haben bisher Transparency International Deutschland, Whistleblower-Netzwerk, LobbyControl und foodwatch die Policy unterzeichnet. Wir rufen alle zivilgesellschaftliche Organisationen auf, sich zu beteiligen.

Der Schutz durch unsere Whistleblowing Policy geht über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus. Wir schützen Whistleblower*innen nicht nur, wenn sie Rechtsverstöße melden, sondern auch bei Hinweisen auf sonstiges erhebliches Fehlverhalten, wie zum Beispiel Machtmissbrauch. Außerdem ermöglichen wir anonyme Meldungen und die Offenlegung gegenüber der Presse bei starkem öffentlichen Interesse. Die Policy dient damit auch als Vorbild für andere Organisationen und für eine gute Gesetzgebung

Strategische Prozessführung für Whistleblower*innen – auch im öffentlichen Dienst

Wir verteidigen die Rechte von Whistleblower*innen auch vor Gericht. Beispielsweise haben wir einen Freispruch für Hermann Theisen erreicht, der Mitarbeiter*innen von Rüstungskonzernen Informationen darüber an die Hand gegeben hat, wie sie Rechtsverstöße melden können – und deswegen wegen des „Aufrufs zu Straftaten“ angeklagt wurde.

Insbesondere wollen wir Grundsatzurteile erreichen, die es Menschen im öffentlichen Dienst erleichtern, Missstände ans Licht zu bringen. Denn im öffentlichen Dienst sind Whistleblower*innen bis heute rechtlich ganz besonders schutzlos gestellt.

So gilt im Grundsatz bis heute die sogenannte „Stufentheorie“, die der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1970 aufstellten. Dieser Rechtsauffassung zufolge darf ein*e Funktionsträger*in sich bei Verstößen grundsätzlich nicht an die Öffentlichkeit wenden, ohne den gesamten Dienstweg nachvollzogen zu haben. Diese restriktive und unklare Regelung schreckt Beamt*innen bis heute davon ab, couragiert zu handeln und auf Missstände hinzuweisen. Ihnen drohen straf- und disziplinarrechtliche Konsequenzen, das Ende ihrer Karriere und Mobbing am Arbeitsplatz.

Diese Rechtsprechung wollen wir verändern – mit Grundsatzurteilen gegen die Stufentheorie. Wir bieten Betroffenen Unterstützung, die Strafverfahren wegen Geheimnisverrats ausgesetzt sind (§ 353b, § 203 Abs. 2 StGB), gehen mit ihnen gegen berufliche Benachteiligungen vor und fordern Fürsorgepflichten ein.

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