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Urheberrecht und Kommunikationsfreiheit Kommunikation von ThedigitalArtist, lizensiert unter Pixabay License
Demokratie und Grundrechte
Art. 5, 14

control ©: Urheberrecht und Kommuni­kations­freiheit

Mit unserem Projekt control © wollen wir grundrechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Kommunikationsfreiheit und Urheberrecht gerichtlich klären.

Freie Kommunikation ist für eine lebendige Demokratie elementar und eng verknüpft mit zahlreichen Freiheitsrechten, insbesondere mit der Wissenschafts-, Informations-, Meinungs- und Kunstfreiheit. Das Urheberrecht, mit dem sich im vordigitalen Zeitalter vor allem professionelle Kreative und Medienunternehmen befasst haben, gerät inzwischen vielfach mit der Kommunikationsfreiheit in Konflikt. Das hat Folgen für Wissenschaftler*innen, Lehrer*innen, Aktivist*innen, aber auch für die Urheber*innen selbst. Mit unserem Projekt control © wollen wir grundrechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Kommunikationsfreiheit und Urheberrecht gerichtlich klären.
Felix Reda

Felix Reda

Senior Fellow

"Der freie Austausch von Wissen und Kultur über das Internet ist elementar für die Kommunikationsfreiheit. Exklusivrechte wie Urheberrecht und Geschäftsgeheimnisse müssen mit den Grundrechten in Ausgleich gebracht werden.

In diesem Spannungsverhältnis geht es auch immer wieder um den Schutz unserer Privatsphäre sowie die Grundfesten eines offenen Internets. Entsprechend führen Gesetzesvorschläge zur Verschärfung des Urheberrechts regelmäßig zu Protesten aus der Zivilgesellschaft. Neben Nutzer*innen urheberrechtlich geschützter Inhalte brauchen auch Urheber*innen selbst Unterstützung, um ihre Rechte in der Auseinandersetzung mit Unternehmen oder dem Staat durchzusetzen.

Kulturelles Erbe befreien

Die EU-Urheberrechtsreform birgt viele neue Chancen, kulturelle Schätze zu heben und online zugänglich zu machen. Weil das Urheberrecht für 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bzw. der Urheberin gilt, die kommerzielle Verwertung neuer Werke aber meist nach wenigen Jahren endet, ist ein Großteil unseres kulturellen Erbes heute überhaupt nicht online zugänglich – weder kostenfrei noch gegen Bezahlung. Eine flächendeckende Verfügbarkeit ist nur für die Werke gegeben, die entweder sehr neu sind und sich deshalb noch im kommerziellen Umlauf befinden, oder sehr alt sind und deshalb als gemeinfreie Werke von Kultureinrichtungen öffentlich verfügbar gemacht werden können.

Dazwischen klafft das „Schwarze Loch des 20. Jahrhunderts“, ein riesiger Schatz an Bildern, Musik, Gedichten, Filmen und alten Zeitungen, die in Archiven verstauben und damit kulturelle Vielfalt und Zugang zu Wissen beschränken. Dieses Problem sollen die neuen Regeln der EU zur Digitalisierung und Verfügbarmachung vergriffener Werke lösen. Wir wollen Bibliotheken, Museen und Archive unterstützen, von den neuen Möglichkeiten Gebrauch zu machen und damit die Kultur-, Wissenschafts- und Informationsfreiheit stärken.

Es gibt auch positive Aspekte der Urheberrechtsrichtlinie, zum Beispiel soll der Online-Zugang zu unserem kulturellen Erbe erleichtert werden, und Kreative werden im Urhebervertragsrecht gestärkt. Wir wollen auch dazu beitragen, dass solche Regelungen vor Gericht Bestand haben.
Felix Reda, Projektleitung control ©

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Felix Reda auf youtube.com: “control ©: #saveyourinternet geht weiter”

Uploadfilter eindämmen

Deutschland hat im Sommer 2021 die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie umgesetzt. Am 1. August ist der letzte Teil der Urheberrechtsreform in Kraft getreten, der den umstrittenen Artikel 17 in deutsches Recht umsetzt. Plattformen sind seitdem gesetzlich verpflichtet, die grundrechtlich umstrittenen Uploadfilter einzusetzen, Ende 202 haben wir in einer Studie gezeigt, dass Uploadfilter unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta sind. In der Vergangenheit hat der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt, dass eine Durchleuchtung aller Uploads von Nutzerinnen einer Plattform auf etwaige Urheberrechtsverletzungen die Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer*innen sowie die unternehmerische Freiheit des Plattformanbieters ungebührlich einschränken würde. Je nach Funktionsweise eines solchen Filters könnte auch die damit einhergehende Datenverarbeitung die Grundrechte auf Datenschutz und Vertraulichkeit der Kommunikation einschränken. Kein automatischer Uploadfilter ist in der Lage, zuverlässig zwischen Urheberrechtsverletzungen und legalen Nutzungen im Rahmen von Urheberrechtsschranken zu unterscheiden, Eingriffe in die Meinungs- und Informationsfreiheit sind bei verpflichtenden Uploadfiltern also vorprogrammiert. Deshalb hat auch der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof in seinen Schlussanträgen Mitte Juli 2021 deutlich gemacht, dass die MItgliedstaaten dazu verpflichtet sind, den Einsatz von Uploadfilktern auf offenkundig illegale Inhalte zu beschränken.

Über fünf Millionen Menschen haben eine Petition gegen Uploadfilter unterzeichnet und über hunderttausend sind in Deutschland gegen sie auf die Straße gegangen. Schon seit langem führen freiwillig eingesetzte Uploadfilter auf Plattformen zur Sperrung legaler Zitate. In einigen Fällen gibt es sogar Hinweise darauf, dass das auf dem amerikanischen Urheberrecht basierende Notice-and-Takedown-System zur Unterdrückung politischer Berichterstattung genutzt wird. Nach diesem System können Rechteinhaber*innen Urheberrechtsverletzungen an Plattformen melden, die diese dann unverzüglich entfernen müssen. Auch europäische Firmen machen von diesem System Gebrauch. Für die Plattformen ist es dabei oft schwer festzustellen, ob die Hinweise von den echten Rechteinhaber*innen kommen, oder ob jemand aus anderen Gründen erreichen will, dass Inhalte aus dem Netz verschwinden.

Wir haben uns bei der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie erfolgreich für Schutzvorkehrungen gegen die Sperrung legaler Uploads eingesetzt, um die Gefahren für die Kommunikationsfreiheiten zu minimieren. Trotz zahlreicher sinnvoller Ansätze kann auch die deutsche Umsetzung die Sperrung legaler Inhalte nicht vollständig verhindern. Das zeigt auch unsere Stellungnahme zum Umsetzungsentwurf der Bundesregierung: Sinnvolle Schutzvorkehrungen wie die Kennzeichnung legaler Inhalte durch die Nutzer*innen wurden aufgeweicht, sodass z.B. gemeinfreie Inhalte oder Inhalte unter freien Lizenzen leichter dem Uploafilter zum Opfer fallen können.

Seit Inkrafttreten der Urheberrechtsreform am 1. August 2021 beobachten wir die Auswirkungen ganz genau. Denn das neue Gesetz besagt, dass legale Inhalte nicht gesperrt werden dürfen – und dass Verbände, die die Rechte von Nutzer*innen vertreten, im Zweifel von ihrem Verbandsklagerecht Gebrauch machen können. Deshalb suchen wir nach Betroffenen illegaler Sperrungen. Bist du von Sperrungen betroffen oder hast solche bei anderen Personen beobachtet? Dann melde dich bei uns unter uploadfilter@freiheitsrechte.org.

Wissenschaftsfreiheit garantieren

Wissen vermehrt sich, wenn man es teilt. Leider treffen Wissenschaftler*innen aber immer wieder auf Barrieren beim Zugang zu Forschungsergebnissen und Forschungsdaten. Die Open Access-Bewegung hat sich zum Ziel gesetzt, unsere meist ohnehin öffentlich finanzierten wissenschaftlichen Erkenntnisse allen frei zugänglich zu machen. Das ist auch im Interesse der Autor*innen, die bislang oft gezwungen waren, die Rechte an ihren Studien an kommerzielle Wissenschaftsverlage abzutreten, ohne selbst am lukrativen Geschäft mit diesen Inhalten zu verdienen. Paywalls behindern den wissenschaftlichen Fortschritt, das hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt. Die Regelungen, die Wissenschaftler*innen eine schnellere Open Access-Publikation ihrer Ergebnisse ermöglichen sollen, sind aber oft so kompliziert gestaltet, dass sie in der Praxis noch zu wenig genutzt werden. Auch wenn urheberrechtlich geschützte Werke Gegenstand wissenschaftlicher Forschung sind, gibt es oft Probleme. Hier wollen wir durch strategische Klagen Rechtssicherheit im Sinne der Wissenschaftsfreiheit schaffen.

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